LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.11.2014 – 8 R 573/12.

Auf einer Intensivstation eingesetzte Pflegekräfte werden dort nicht selbstständig, sondern als – gegebenenfalls befristet beschäftigte – Arbeitnehmer tätig. Die Klinik muss daher für sie Sozialversicherungsbeiträge zahlen, wie das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 26.11.2014 entschieden hat (Az.: 8 R 573/12). Die Entscheidung betreffe bundesweit eine große Zahl von Fällen. Immer häufiger würden in deutschen Krankenhäusern Belastungsspitzen im Pflegebereich durch den Einsatz «freier», vermeintlich auf selbstständiger Basis arbeitender Pflegekräfte aufgefangen.

Geklagt hatte ein 39-jähriger Krankenpfleger, der auf der Basis sogenannter Dienstleistungsverträge in den Intensivstationen verschiedener Krankenhäuser, im Streitfall eines Krankenhauses in Radolfzell, tätig wird. Er hatte bei der Deutschen Rentenversicherung Bund die Feststellung beantragt, dass er diese Arbeit als Selbstständiger verrichte und daher nicht der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung unterliege. Unter anderem trug er vor, er könne sich die Patienten, die er auf der Intensivstation pflege, unabhängig von der ärztlichen Leitung, der Pflegedienst- oder der Stationsleitung selbst aussuchen, unterliege auch sonst in geringerem Maße als angestellte Pflegekräfte ärztlichen Weisungen und halte sich bei seiner Arbeit nicht an die individuellen Qualitätsstandards der Klinik, sondern an Nationale Expertenstandards. Vor dem Sozialgericht Köln hatte der Kläger Erfolg. Hiergegen legte die Deutsche Rentenversicherung Bund mit Erfolg Berufung ein.

Das LSG Nordrhein-Westfalen sah die Voraussetzungen einer abhängigen, zur Sozialversicherung führenden Beschäftigung als gegeben an. Ausschlaggebend hierfür sei die vollständige Eingliederung des Klägers in die organisatorischen Abläufe der Intensivstation, die am Wohl der schwerstkranken Patienten als oberstem Gebot orientiert sein müssten und daher in allen entscheidenden Punkten ärztlichen Vorgaben unterlägen. Die in diesem engen Rahmen möglicherweise gegenüber angestellten Pflegekräften etwas größeren Freiheiten des Klägers reichten nicht aus, von weitgehender Weisungsfreiheit auszugehen, wie sie typisch für einen selbstständigen Unternehmer sei. Da der Kläger darüber hinaus nach geleisteten Stunden bezahlt werde, trage er auch kein unternehmertypisches wirtschaftliches Risiko.

Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer seine Aufgaben »zur vollen Zufriedenheit« erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note »befriedigend«. Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er entsprechende Leistungen vortragen und beweisen. Dies gilt auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute oder sehr gute Endnoten vergeben werden, so das BAG. Die Klägerin war als Bürokraft beschäftigt. Zu ihren Aufgaben gehörten u.a. die Praxisorganisation, Betreuung der Patienten, Terminvergabe,  Ausfertigung von Rechnungen und Aufstellung der Dienst- und Urlaubspläne.

Die Beklagte erteilte ihr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis. Die Parteien streiten noch darüber, ob die Leistungen der Klägerin mit »zur vollen Zufriedenheit« oder mit »stets zur vollen Zufriedenheit« zu bewerten sind. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben und angenommen, die Beklagte habe nicht dargelegt, dass die von der Klägerin beanspruchte Beurteilung nicht zutreffend sei.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des BAG Erfolg. Die vom Landesarbeitsgericht (LAG) zur Ermittlung einer durchschnittlichen Bewertung herangezogenen Studien, nach denen fast 90 % der untersuchten Zeugnisse die Schlussnoten »gut« (»stets zur vollen Zufriedenheit«) oder »sehr gut« (»stets zur vollsten Zufriedenheit«) aufweisen sollen, führen nicht zu einer anderen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Nach der Rechtsprechung des BAG kommt es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten an. Ansatzpunkt ist die Note »befriedigend« als mittlere Note der Zufriedenheitsskala. Begehrt der Arbeitnehmer eine Benotung im oberen Bereich der Skala, muss er darlegen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist. Im Übrigen lassen sich den Studien keine Tatsachen entnehmen, die den Schluss darauf zulassen, dass neun von zehn Arbeitnehmern gute oder sehr gute Leistungen erbringen. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Gefälligkeitszeugnisse in die Untersuchungen eingegangen sind, die dem Wahrheitsgebot des Zeugnisrechts nicht entsprechen.

Der Zeugnisanspruch nach § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO richtet sich auf ein inhaltlich »wahres« Zeugnis. Das umfasst auch die Schlussnote. Ein Zeugnis muss auch nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein.

Der Neunte Senat des BAG hat die Sache an das LAG zurückverwiesen. Dieses wird als Tatsacheninstanz zu prüfen haben, ob die von der Klägerin vorgetragenen Leistungen eine Beurteilung im oberen Bereich der Zufriedenheitsskala rechtfertigen und ob die Beklagte hiergegen beachtliche Einwände vorbringt.

Quelle:

BAG, Urteil vom 18.11.2014 Aktenzeichen: 9 AZR 584/13 PM des BAG Nr. 61/14 vom 18.11.2014

Eine Bankangestellte, die mit einer Generalvollmacht mehrfach Geld von einem Konto ihrer Mutter auf eigene Konten umgebucht hat, kann deswegen nicht fristlos gekündigt werden, auch wenn sie dadurch gegen Geschäftsanweisungen ihres Arbeitgebers verstößt.

Eine Abmahnung wäre ausreichend gewesen, entschied das LAG Düsseldorf.

Die Klägerin war seit dem Jahr 2008 bei dem beklagten Geldinstitut beschäftigt und Vorgesetzte von drei und später zwei Teams. Sie verfügte über eine Generalvollmacht über das bei der Beklagten geführte Sparbuch ihrer Mutter. Über das Sparbuch verfügte die Klägerin in den Jahren 2010 bis 2012 insgesamt 33 mal online und buchte Beträge zwischen 500 Euro und 12.000 Euro um und zwar 29 Mal auf ihr eigenes Konto, drei Mal auf ein Konto ihrer Mutter und einmal auf das Sparbuch ihrer minderjährigen Tochter.

Die Zahlungsvorgänge wurden wie vorgesehen im Rahmen des Vier-Augen-Prinzips jeweils durch einen weiteren Mitarbeiter freigegeben. Die internen Geschäftsanweisungen des Geldinstituts sahen indes u.a. vor, dass die Mitarbeiter in eigenen Angelegenheiten weder entscheidend noch beratend mitwirken dürfen, wenn die Entscheidung ihnen selbst, ihrem Ehegatten oder einem Verwandten bis zum Dritten Grad einen unmittelbaren Vorteil bringen kann. Das Bankinstitut erhielt Kenntnis von den Buchungen aufgrund einer Nachfrage eines Erben der inzwischen verstorbenen Mutter der Klägerin.

Ebenso wie das Arbeitsgericht (Arbeitsgericht Solingen, Urteil vom 02.05.2014 – 4 Ca 142/14 lev) hat das Landesarbeitsgericht (LAG )Düsseldorf festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die daraufhin von der Beklagten – fristlos und hilfsweise fristgerecht – ausgesprochenen Kündigungen nicht aufgelöst worden ist. Unstreitig hatte die Klägerin im Verhältnis zu ihrer Mutter die Verfügungen berechtigt vorgenommen.

Gleichwohl lag in ihrem Verhalten eine erhebliche Pflichtverletzung, weil sie aufgrund der Anweisungen des Geldinstituts nicht berechtigt war, als Mitarbeiterin Buchungen zu ihren Gunsten vorzunehmen. Dadurch sollte bereits der Anschein einer Interessenkollision vermieden werden. Die Pflichtverletzung war aber nicht so schwerwiegend, dass auf sie nicht noch durch eine Abmahnung ausreichend reagiert werden konnte. Maßgeblich ist im Kündigungsrecht das Prognoseprinzip. Nach dem festgestellten Sachverhalt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung war nicht davon auszugehen, dass eine Abmahn ung von vornherein erfolglos gewesen wäre und nicht zu einer Verhaltensänderung der Klägerin geführt hätte. Der von der Beklagten in der zweiten Instanz gestellte Auflösungsantrag war unbegründet. Es lagen keine Auflösungsgründe vor, die wesentlich über den Kündigungsvorwurf hinausgingen. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen.

Quelle: LAG Düsseldorf, Urteil vom 04.11.2014 Aktenzeichen 17 Sa 637/14 Quelle: LAG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 05.11.2014

Eine Kündigung kann nicht darauf gestützt werden, dass Arbeitnehmer einen Rechtsanwalt hinzugezogen haben, um einen Urlaubsanspruch durchzusetzen, entschied das ArbG Dortmund. Die Reaktion des Arbeitgebers macht sogar eine Kündigung in der Probezeit rechtswidrig.

Die Arbeitnehmerin stellte fest, dass ihr genehmigter Urlaub aus dem Urlaubsplaner gelöscht worden war. Ihr Vorgesetzter teilte ihr mit, der Urlaub könne doch nicht genehmigt werden. Zudem teilte ihr Vorgesetzter ihr mit, sie könne ja das Unternehmen der Beklagten verlassen, wenn sie sich nicht mit  den Gegebenheiten arrangieren könne. Die Arbeitnehmerin schaltete ihren Rechtsanwalt ein, der um Genehmigung des Urlaubs für seine Mandantin ersuchte. Weder die Geschäftsleitung noch die  Personalleitung der Beklagten reagierten auf das Schreiben. Stattdessen kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Bezugnahme auf die Probezeit zum 31.05.2013.

Vor Gericht erklärte die beklagte Arbeitgeberin, die Kündigung sei erfolgt, weil keine Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit  vorhanden sei. Die Arbeitgeberin empfinde die Kommunikation über einen Rechtsanwalt direkt zu Beginn und in der Probezeit eines neuen Arbeitsverhältnisses als irritierend. Eine derartige Vorgehensweise sei im Hause der Beklagten weder gewünscht noch üblich. Das Arbeitsgericht Dortmund erklärte die Kündigung für unwirksam und stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis – mit allen Ansprüchen der Klägerin – bis zum Ablauf der Befristung am 31.10.2013 fortbestanden habe.

Zwar finde das KSchG keine Anwendung, weil die sechsmonatige Wartefrist nach § 1 KSchG noch nicht abgelaufen war. Dennoch muss sich die Kündigung an Generalklauseln und allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs wie dem so genannten Maßregelungsverbot (§ 612a BGB) messen lassen. Die Beiziehung des Anwalts war angemessen: Die Klägerin habe ihren Anwalt erst  hinzugezogen, nachdem sie mit ihrem Vorgesetzten und dieser mit seinem Vorgesetzten gesprochen habe.  Nach Würdigung der Umstände stellt sich die Kündigung für das Gericht als Maßregelung im Sinne des § 612a BGB dar: Es wurde deutlich, dass die Arbeitnehmerin für die legitime Wahrnehmung ihrer Rechte »bestraft« werden sollte. Als Reaktion auf das legitime anwaltliches Schreiben, ohne auch nur zu versuchen,  mit der Klägerin oder mit ihrem Prozessbevollmächtigten Kontakt aufzunehmen, war die Kündigung aus Sicht des Gerichts »absolut unangemessen«.

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Quelle: ArbG Dortmund, Urt. vom 12.2.2014 Aktenzeichen 9 Ca 5518/13

Mahnt der Arbeitgeber den AN wegen Unfreundlichkeit ggü. Kunden ab, kann in der Regel eine Entfernung der Abmahnung nicht verlangt werden.  Der Kläger war als Berater eingesetzt. Als ein Kunde Fragen stellte, teilte er mit:

„ … es dürfte selbstverständlich sein, dass man sich dort anmeldet wo man sich auch zur schriftlichen Prüfung angemeldet hat. pp. “ usw.  Wegen der Korrespondenz erteilte die Arbeitgebegin eine Abmahnung. Der Kläger hielt die Situation für eine Lapalie und eine Abmahnung für überzogen.

Das Landesarbeitsgericht wies die Klage ab. Arbeitnehmer können die Entfernung einer Abmahnung aus ihrer Personalakte nur verlangen, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Hier war keine dieser Voraussetzungen erfüllt. Insbesondere war die Abmahnung nicht unverhältnismäßig. Die abgemahnte Pflichtverletzung des Klägers stellt keine Lapalie dar.  Zudem, wenn der Arbeitnehmer nicht nur einmal unfreundlich antwortet, sondern dies im Lauf der Kommunikation wiederholt, ist die Abmahnung berechtigt.

RA Sagsöz, Dezernat Arbeitsrecht  – Sekr. 0228 9619720

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(( LAG Schleswig-Holstein, 20.05.2014, – 2 Sa 17/14 )) Quelle: LAG Schleswig-Holstein PM vom 15.07.2014

Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Zeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb“ zur Verfügung stellen  (BAG im März 2014 Az.: 7 ABN 91/13).

Die Zeitschrift ist auch dann ein erforderliches Sachmittel, wenn der Betriebsrat einen Internetzugang hat. Denn nur die Zeitschrift biete einen strukturierten Zugang zu arbeitsrechtlichen Informationen.  Gerade Nichtjuristen seien nicht in der Lage, aus den im Internet ermittelten Ergebnissen die Spreu vom Weizen zu trennen. Für eine Aufbereitung und Behandlung der Rechtsfragen, so die Richter des LAG weiter, sei der Betriebsrat daher auf eine Zeitschrift angewiesen, die seinen Verständnismöglichkeiten gerecht würde. Die Richter des Bundesarbeitsgerichts folgen dieser Argumentation des Landesarbeitsgerichts in vollem Umfang.

Die Fachzeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb“ ist damit ein erforderliches Sachmittel gemäß §40 Abs. 2 BetrVG.

Rechtsanwalt Sagsöz, Dezernat Arbeitsrecht – Sekr. 0228 96 19 720 Quelle: BAG, Beschluss vom 19.03.2014 Aktenzeichen: 7 ABN 91/13

Das Landes­arbeits­gericht Köln hat entschieden, dass Betriebs­rats­mitglieder – auch ohne nachts zu arbeiten – Nachtzuschläge erhalten, wenn vergleichbare Arbeitnehmer für ihre Arbeit Nachtzuschläge erhalten haben und das Betriebs­rats­mitglied ohne die Übernahme der Betriebs­rats­tätig­keit ebenso in der Nacht gearbeitet hätte.

Im zugrunde liegenden Streitfall klagte ein Arbeitnehmer eines Möbelhauses, der zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt worden war. Er war in Vollzeit in der Abteilung Logistik eingesetzt gewesen.  Nach der Wahl vereinbarten das Unternehmen und der Betriebsrat, dass der Kläger täglich für 3,5 Stunden für Betriebsratsarbeit von der Arbeit befreit wurde. Gleichzeitig wurde der Arbeitsbeginn für den Kläger einvernehmlich auf 6 Uhr verschoben, um für die Mitarbeiter die Kontaktaufnahme zu verbessern.

Der Angestellte hat Anspruch auf die durch die Betriebsratstätigkeit entgangenen Nachtzuschläge.

Das Landesarbeitsgericht Köln sprach dem Kläger die ihm in der Zeit von 4 Uhr bis 6 Uhr dadurch entgangenen Nachtzuschläge zu und begründete das im Wesentlichen mit § 37 Abs. 4 Betriebsverfassungsgesetz. Danach darf das Arbeitsentgelt von Betriebsratsmitgliedern nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Das Betriebsratsmitglied müsse daher so gestellt werden, als ob es keine Amtstätigkeit ausgeübt hätte.

RA Sagsöz, Dezernat Arbeitsrecht  0228 9619720

Grundlage ist regelmäßig der Abschluss einer Fortbildungsvereinbarung, wonach sich der Arbeitgeber zur Übernahme der Fortbildungskosten verpflichtet. Im Gegenzug verpflichten Sie sich, für eine gewisse Dauer nach Beendigung der Fortbildung im Unternehmen zu bleiben und im Fall einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Fortbildungskosten an Ihren Arbeitgeber zurückzuzahlen

->Ohne eine solche Rückzahlungsvereinbarung ist man zur Rückzahlung von Fortbildungskosten nicht verpflichtet.

Eine Vereinbarung, nach denen Sie sich an den Kosten der vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen, oder bei einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurück zu zahlen haben, ist idR zulässig.

Dabei müssen folgende Punkte berücksichtigt werden:

Es müssen die gegenläufigen Interessen miteinander abgewogen werden. Dabei hat sich die Abwägung vor allem daran zu orientieren, ob Ihnen durch die Fort- oder Weiterbildung ein geldwerter Vorteil zufließt (BAG, Urteil v. 05.06.2007, 9 AZR 604/06). Ein solcher Vorteil liegt vor, wenn Sie durch die Fortbildung eine höhere Vergütung erhalten, oder sich dadurch Ihre beruflichen Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Sie müssen Ihre neu erworbenen Kenntnisse also auch auch außerhalb Ihres derzeitigen Arbeitsverhältnisses nutzen können.

Die Klausel muss danach unterscheiden, ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des Arbeitgebers,oder der des Arbeitnehmers zuzuordnen ist (BAG, Urteil v. 11.4.2006, 9 AZR 610/05).

Die Erstattungspflicht und die Bindungsdauer müssen Ihnen zumutbar sein. Fortbildungs- und Bindungsdauer müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (BAG, Urteil v. 6.9.1995, 5 AZR 241/94). Auch die Qualität der erworbenen Qualifikation spielt eine Rolle. Obwohl gerade die Dauer der Fortbildung ein starkes Indiz für die Qualität der erworbenen Qualifikation ist, kann im Einzelfall auch bei kürzerer Fortbildung eine verhältnismäßig lange Bindung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber ganz erhebliche Mittel aufwendet oder die Teilnahme an der Fortbildung dem Arbeitnehmer überdurchschnittlich große Vorteile bringt.

Hält sich die Rückzahlungsklausel nicht an die von der Rechtsprechung vorgegebenen Grundsätze, ist die Klausel idR. insgesamt unwirksam.

RAe Sagsöz&Euskirchen – Dezernat Arbeitsrech, RA Sagsöz 0228 9619720

Die Kündigung ist eine einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit ihrem Zugang beim Arbeitnehmer oder  Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis – nach Ablauf der Kündigungsfrist – beendet.

Aus dem Kündigungsschreiben muss sich der Wille erkennen lassen, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Ebenso muss sich aus dem Schreiben der Beendigungstermin ergeben.

Achtung: Eine Begründung ist idR. nicht erforderlich.

Die Kündigung muss schriftlich durch den Kündigungsberechtigten erfolgen. Die Kündigung muss vom Aussteller eigenhändig unterschrieben werden.Die Kündigung wird in dem Moment wirksam, in dem sie dem Empfänger zugeht.

Man unterscheidet:

Gegenüber einem Anwesenden wird der Zugang durch Übergabe des Kündigungsschreibens bewirkt. Gegenüber einem Abwesenden wird der Zugang bewirkt, indem das Kündigungsschreiben in die sog. Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt. Allerdings muss dies zu einer Zeit geschehen, zu der der Empfänger auch noch mit einem Postzugang rechnen muss, d. h. zu den üblichen Postzustellzeiten.

Sonderproblem Vollmacht:

Der Kündigungsberechtigte kann sich bei Ausspruch der Kündigung durch einen Stellvertreter vertreten lassen.  Immer wenn es sich nicht um eine gesetzliche Stellvertretung handelt, ist bei der Kündigung eine schriftliche Kündigungsvollmacht vorzulegen. Fehlt diese, kann der Kündigungsempfänger die Kündigung mangels ordentlicher Bevollmächtigung unverzüglich zurückweisen. Achtung: dies muss auch formal geschehen, ebenso zeitnah, sonst ist der Mangel  irrelevant.

Ausnahme hiervon ist der Fall, dass der Kündigungsempfänger die Bevollmächtigung des Vertreters bereits kennt.

Ein Sonderproblem sind fristlose Kündigungen.

Rechtsanwalt/ Mediator A. Sagsöz , Bei Rückfragen Sekretariat:  0228 9619720

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BAG -Entscheidung:  HIV-Infektion gleich Behinderung iSd. AGG

Der an einer symptomlosen HIV-Infektion erkrankte Kläger wurde von der Beklagten, die intravenös verabreichte Arzneimittel zur Krebsbehandlung herstellt, als Chemisch-Technischer Assistent für eine Tätigkeit im sog. Reinraum eingestellt.

Wenige Tage nach Beginn des Arbeitsverhältnisses wies der Kläger den Betriebsarzt anlässlich seiner Einstellungsuntersuchung auf die Infektion hin. Der Arzt äußerte Bedenken gegen dessen Einsatz im Reinraumbereich und teilte der Arbeitgeberin nach Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht die HIV-Infektion des Klägers mit.

Noch am selben Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich. Wegen seiner ansteckenden Krankheit könne sie den Kläger nach ihrem internen Regelwerk nicht einsetzen. Der Kläger hat geltend gemacht, er sei behindert. Die Kündigung sei unwirksam, weil sie ihn wegen seiner Behinderung diskriminiere. Außerdem verlangt er eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Entscheidung: Das BAG hat den Fall zur weiteren Aufklärung an das LAG zurückverwiesen.

Die Richter stellten zunächst klar, dass auch chronische Erkrankungen zu einer Behinderung führen können. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) untersagt jedoch Diskriminierungen u.a. wegen einer Behinderung. Ein Arbeitnehmer, der an einer symptomlosen HIV-Infektion erkrankt ist, ist in diesem Sinn behindert.

Daher gilt: Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines solchen Arbeitnehmers in der gesetzlichen Wartezeit des § 1 KSchG wegen der HIV-Infektion, ist die Kündigung im Regelfall diskriminierend und damit unwirksam. Dies gilt zumindest dann, wenn der Arbeitgeber durch angemessene Vorkehrungen den Einsatz des Arbeitnehmers trotz seiner Behinderung ermöglichen kann.

Vorliegend benachteiligt die Kündigung den Kläger unmittelbar i.S.d. § 3 Abs. 1 AGG, weil sie in untrennbarem Zusammenhang mit seiner Behinderung steht.

Ob die Kündigung gleichwohl gerechtfertigt ist, steht noch nicht fest. Das LAG muss noch aufklären, ob die Arbeitgeberin durch angemessene Vorkehrungen den Einsatz des Klägers im Reinraum hätte ermöglichen können. Ist das nicht der Fall, ist die Kündigung wirksam. Ob dem Kläger eine Entschädigung zusteht, hängt davon ab, ob die Kündigung wirksam ist.

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Quelle:

BAG, Urteil vom 19.12.2013 Aktenzeichen: 6 AZR 190/12 PM des BAG Nr. 78/13 v. 19.12.2013