Bei türkischen Staatsbürgern stellt sich beim Vermögensausgleich (BRD: Zugewinn)  im Zuge der Ehescheidung die Frage, welches Recht anwendbar ist (deutsch/ türkische Errungenschaftsgemeinschaft ?).

Die Ansprüche des Ausgleichsberechtigten werden durch Anpassung reduziert auf den Anspruch nach der für ihn günstigeren Gesamtrechtsordnung.

Der Ausgleichsverpflichtete steht nicht schlechter da als nach der für ihn ungünstigeren Gesamtrechtsordnung. Der Ausgleichspflichtige wird aber auch niemals schlechter gestellt, als die für ihn ungünstigere Regelung vorsieht. Dies ergibt sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. In die Anwendung der Gesetze darf nur soweit eingegriffen werden, wie der Gleichheitsgrundsatz dies erzwingt. Es geht bei der Korrektur nicht darum, einen fairen Ausgleich zu erreichen, sondern nur darum, niemanden unfairer zu behandeln, als eine der beteiligten Rechtsordnungen es in der Gesamtbetrachtung tun würde.

 

OLG Köln, Beschluss vom 21.07.2020 – 25 WF 149/20

 

-> Häufige Praxisfrage!

 

Das Verfahren betrifft die Namensführung einer türkischen Staatsangehörigen nach Ehescheidung.

 

NJW 2024, 967;  Beschluss vom 22.11.2023 – XII ZB 566/21

 

Die in Art. 10 Abs. 1 EGBGB enthaltene Verweisung auf das Heimatrecht des Namensträgers ist eine Gesamtverweisung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, die auch das Kollisionsrecht des ausländischen Staates umfasst; etwaige Rückverweisungen sind auch dann zu beachten, wenn ein fremdes Kollisionsrecht diese auf Grund einer abweichenden Qualifikation der Namensfrage ausspricht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. Juni 2007 – XII ZB 17/04 – FamRZ 2007, 1540).

Familienrechtliche Vorfragen werden im internationalen Namensrecht grundsätzlich unselbständig angeknüpft, soweit die zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse Auswirkungen auf den Erwerb oder Verlust eines Namens haben (Fortführung von Senatsbeschluss BGHZ 90, 129 = FamRZ 1984, 576).

Das gilt aber nicht, wenn die betreffende familienrechtliche Vorfrage Gegenstand der Statusentscheidung eines deutschen Gerichts (hier: Ehescheidung) gewesen ist; insoweit überlagert die Bindung des inländischen Rechtsanwenders an die Gestaltungswirkung dieser Entscheidung das kollisionsrechtliche Verweisungsergebnis (Vorrang des Verfahrensrechts vor dem Kollisionsrecht).

 

Bei Anwendung türkischen Namenssachrechts verstößt die in Art. 173 Abs. 1 türkZGB enthaltene Verpflichtung der geschiedenen Ehefrau, ihren vorehelich geführten Namen wieder anzunehmen, auch bei einem gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten in der Bundesrepublik Deutschland jedenfalls dann nicht gegen den kollisionsrechtlichen ordre public (Art. 6 EGBGB), wenn die Ehefrau nicht nach Art. 173 Abs. 2 türk ZGB auf eine gerichtliche Erlaubnis zur Weiterführung des Ehenamens nach der Scheidung angetragen hat.

 

Im Interview mit Herrn Alpan Sagsöz – RECHTECHECK.DE

 

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Eheverträge sind in der familienrechtlichen Praxis der Ausnahmefall.

 

Oliver Pocher ließ verlautbaren, dass es einen solchen mit Amira Pocher gebe. Die Pochers haben 2019 geheiratet. Damit läge bei einer Scheidung bereits keine sog. Kurzehe vor, mit etwaigen Nachteilen für den Anspruchsteller. Die Kinder der Parteien bringen Amira Pocher grundsätzlich zudem in eine „familienrechtliche Pole Position“,  wobei der abgeschlossene Ehevertrag ihre Ansprüche zunichte machen kann, aber nicht muss (s. unten). Zudem spricht gegen hohe Ansprüche tendenziell, dass Frau Pocher selbst ein Standbein in der Medienszene hat und eine Karriere neben ihrem Mann aufbauen konnte. Sie  verdient selbst also mutmaßlich erheblich. Ausgenommen von einer Regelung im Ehevertrag wäre der sog. Trennungsunterhalt. Es ist rechtswidrig diesen in Notarverträgen auszuschliessen.

Oliver Pocher hat eher Erfahrung mit konfliktreicheren Scheidungsauseinandersetzungen ( Ex-Frau Sandy Meyer-Wölden), was zumindest indirekt auf die Wirksamkeit des Ehevertrages Einfluss haben könnte.

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Im Ergebnis kann -je nach Einzelfall- der zwischen den Pochers geschlossene Ehevertrag unwirksam sein. Sicherlich wird ein Fachanwalt für Familienrecht längst auf diese Gefahr hingewiesen haben, sollte eine solche bestehen. Warum und unter welchen Umständen hat die seinerzeit relativ junge Amira Pocher auf Kern-Ansprüche verzichtet hat, wäre eine der Fragen bei Gericht. Selbst wenn einzelne Regelungen in einem Ehevertrag für sich genommen nicht zu beanstanden sind, kann der Ehevertrag aufgrund einer Gesamtwürdigung durchaus „sittenwidrig“ (§ 138BGB) sein. Bei auffällig ungleichen Machtverhältnissen werden die Regelungen im Ehevertrag einer sog. Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle betrachtet. In einer  Entscheidung des OLG Karlsruhe wurde ein Ehevertrag gekippt, der im Jahr 2004 zwischen einem Deutschen und seiner aus Weißrussland zugezogenen Ehefrau geschlossen worden war. Sie schlossen einen Ehe- und Erbvertrag, der ua.

  • die Vereinbarung von Gütertrennung enthielt und einen wechselseitigen Unterhaltsverzicht für den Fall, dass die Ehe binnen drei Jahren geschieden werden sollte.

Es folgte ein weiterer Ehevertrag 2013, in welchem die Regelungen verschärft wurden. Nach der Trennung der Eheleute 2018 kam Streit über die Frage der Wirksamkeit des Ehevertrages auf. Die Ehefrau verlangte ua. nachehelichen Unterhalt. Vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe  hatte die Ehefrau Erfolg. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung erweist sich der Vertrag als sittenwidrig, da das objektive Zusammenwirken aller in dem Vertrag enthaltenen Regelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung der Ehefrau abzielte. Im Ergebnis hat das OLG den Ehevertrag also als sittenwidrig eingestuft mit der Folge, dass der Vertrag insgesamt nichtig ist und der Ehemann sich auf die darin enthaltenen Regelungen nicht berufen kann (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 31.03.2021, 5 UF 125/20).

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Der o.g. Fall ähnelt der Situation der Pochers zwar nicht auf den ersten Blick, aber ist stark zu vermuten, dass Amira Pocher den abgeschlossenen Ehevertrag eingehend wird überprüfen lassen. Das wäre jedenfalls ihr gutes Recht. Es ist dann eine ganz andere Frage, inwiefern sich die Parteien -nach solider Kenntnis der rechtlichen Sachlage- entgegenkommen und inwiefern sie sich hiernach vernünftig, im Interesse der Kinder, um eine gütliche Einigung bemühen.

Beschluss vom 30.08.2023 -Aktenzeichen  12 TaBV 18/23

Der Arbeitgeberin ist es nicht erlaubt durch ihre Repräsentanten die Betriebsratsarbeit dadurch zu behindern, dass sie bereits im Vorfeld die Teilnahme der Betriebsratsmitglieder an einer angezeigten Betriebsratssitzung durch Androhung von Abmahnungen oder Verdienstkürzungen verhindert.

Die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds an den einzelnen Betriebsratssitzungen ist dessen betriebsverfassungsrechtliche Pflicht. Dies gilt auch dann, wenn im Einzelfall die Erforderlichkeit für eine Betriebsratssitzung nicht gegeben ist oder aber ein Verstoß gegen § 30 S. 2 BetrVG vorliegt.

Ist die Betriebsratssitzung im Einzelfall offensichtlich unzulässig ist, weil zB entgegen §74 BetrVG Arbeitskampfmaßnahmen gegen die Arbeitgeberin geplant werden sollen, ist die Arbeitgeberin auf den Rechtsweg verwiesen.

Beschluss vom 04.10.2023 – 3 BV 31 e/23 mAnm Fuhlrott

Ein Grund für die Auflösung des Betriebsrats im Sinne von § 23 BetrVG kann sich auch aus einer Vielzahl von Gesetzesverstößen seitens des Betriebsrats ergeben. Der Betriebsrat hat vergangene Dienstpläne aufgrund des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit regelmäßig zunächst nur stichprobenartig zu kontrollieren.

Ein Umfang der angezeigten Betriebsratsarbeit, welcher die gesetzlich vorgesehene Freistellung im Sinne von §38 BetrVG um ein Vielfaches übersteigt, kann starke Zweifel an der Erforderlichkeit der angezeigten Betriebsratsarbeit begründen.

Macht sich der Betriebsrat durch Beschluss eine falsche Versicherung an Eides Statt des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden zu eigen, stellt dies eine Pflichtverletzung dar.

 

Beschluss vom 17.10.2023 – 1 ABR 24/22

Dem Betriebsrat steht kein Mitbestimmungsrecht (§ 87 BetrVG) zu, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern die private Nutzung von Smartphones während der Arbeitszeit untersagt, um eine ordnungsgemäße Arbeitsleistung sicherzustellen.

 

 NJW-RR 2021, 1343; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.07.2021 – II-1 UF 74/21

Eine interessante, praxisrelevante Entscheidung des OLG Düsseldorf aus dem Bereich Sorgerecht, bezüglich Veröffentlichung von Kinderfotos in sozialen Medien.

Die Entscheidung über das rechtliche Vorgehen gegen eine unberechtigte Veröffentlichung von Fotos des Kindes im Internet betrifft eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind im Sinne des § 1628BGB. Für die Verbreitung von Fotos des Kindes in digitalen sozialen Medien ist (§ 22KunstUrhG) die Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile erforderlich. Die Rechtfertigung der Verwendung von Fotos des Kindes in digitalen sozialen Medien gem. Art.6 UAbs. 1 Buchst. a DS-GVO erfordert die Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile.

Es entspricht  regelmäßig dem Kindeswohl am besten, die Entscheidung über das rechtliche Vorgehen gegen eine unberechtigte Veröffentlichung eines Fotos des Kindes im Internet demjenigen Elternteil zu übertragen, der die Gewähr für eine Verhinderung der weiteren Bildverbreitung bietet. 

Die Entscheidung ist begrüssenswert.

Die Klägerin war als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb beschäftigt. Neben ihr waren zwei männliche Mitarbeiter in derselben Funktion beschäftigt. Die Beklagte hatte allen zunächst ein Grundentgelt aus. Einer der Kollegen verhandelte dann für einen gewissen Zeitraum ein höheres Grundgehalt mit der Beklagten, das diese auch auszahlte. Die Klägerin verlangte daraufhin von der Beklagten, die Differenz zum (höheren) Entgelt ihres Kollegen an sie auszuzahlen – und bekam damit- überwiegend- Recht.  Nach Auffassung des BAG wurde die Klägerin aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, weil ihr ein niedrigeres Grundgehalt ausgezahlt wurde als ihrem männlichen Kollegen. Allein der Umstand, dass Beschäftigte mit verschiedenem Geschlecht und vergleichbarer Tätigkeit unterschiedlich bezahlt werden, begründet nach § 22 AGG die Vermutung, dass die schlechtere Bezahlung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist. Die Beklagte konnte diese Vermutung nicht widerlegen. Die Arbeitgeberin durfte sich hier nicht darauf berufen, dass der männliche Kollege die höhere Vergütung individuell ausgehandelt hatte. Das Verhandlungsgeschick des männlichen Kollegen ist kein objektiv geeignetes Kriterium, das eine ungleiche Bezahlung rechtfertigen kann.  Zusätzlich zu der Gehaltsdifferenz wurde der Klägerin auch eine Entschädigungszahlung auf Grundlage von § 15 Abs. 2 AGG zugesprochen, da in der niedrigeren Bezahlung ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gesehen wurde. Grundsätzlich bleiben Differenzierungen in Bezug auf das Gehalt bleiben zwischen Beschäftigten verschiedener Geschlechter zulässig – sie müssen nur objektiv und geschlechtsneutral begründet sein. Hierzu zählen insbesondere Berufserfahrung und Qualifikationen. Auskunftsansprüche nach dem Entgelttransparenzgesetz haben grundsätzlich nur Mitarbeiterinnen von Betrieben mit über 200 Arbeitnehmern. Das Urteil ist dennoch wegweisend.

Urteil des BAG vom 16.02.2023 – 8 AZR 450/21

Kindesentführung; Haager Kindesentführungsübereinkommen; Anordnung einer RückführungHKiEntÜ Art. 13

Der Anordnung einer Rückführung steht nicht ohne weiteres entgegen, daß der die Rückführung beantragende Elternteil nicht im Herkunftsland (Tschechien), sondern in einem anderen Land (Ägypten) lebt. Ebenso steht der Anordnung einer Rückführung nicht ohne weiteres entgegen, daß der entführende Elternteil im Aufenthaltsstaat von einem neuen Lebenspartner ein Kind erwartet.

OLG Dresden, Beschluß v. 17. Januar 2023 – 21 UF 752/22