Ein Scheidungsbeschluss eines deutschen Gerichts muss für einen türkischen Staatsbürger vor türkischen Behörden anerkannt sein. Die Scheidung könnte sonst nicht bei einem türkischen Personenstandesamt registriert werden. Der Antragsteller/ in würde weiterhin als verheiratet gelten.
Eine Folge wäre, dass man nicht erneut heiraten kann, weder in der Türkei noch in Deutschland (Ehefähigkeitszeugnis). Ein Scheidungsbeschluss in Deutschland, durch das die Ehe eines Türken in Deutschland für geschieden erklärt wurde, muss in der Türkei auch formal anerkannt werden, damit es dort rechtswirksam wird.
Sollte eine solche Anerkennung nicht stattfinden, haben ausländische Beschlüsse / Urteile keine rechtliche Wirkung bei türkischen Behörden. Ein Beschluss in einer Familiensache, welches in Deutschland ergangen ist und einen vollstreckbaren Inhalt hat (Errungenschaft und Unterhalt etc.), muss auch in der Türkei nochmals für vollstreckbar erklärt werden, damit es dort vollstreckt werden kann. Bei dem „Tenfiz davasi“ brauchen Sie dann einen weiteren, türkischen Anwalt – vor Ort.
Zuständig für diese Verfahren sind die Familiengerichte am letzten Wohnort in der Türkei.
Auch einer Entscheidung, durch die die Ehe eines Deutschen in der Türkei geschieden wurde, wird in Deutschland erst wirksam, wenn die Landesjustizverwaltung festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen. So kann ein sog. ordre- public -Verstoß dazu führen, dass eine Anerkennung verwehrt wird. Es gilt somit selbstverständlich: vorher informieren!
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Familienrecht, A. Sagsöz
Bonn/ Köln
1. Ab dem 21.06.2012 wird die von 14 Mitgliedstaaten der EU (Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Portugal, Spanien, Italien, Malta, Lettland, Luxemburg, Ungarn, Österreich, Rumänien und Slowenien) verabschiedete Rom IIIVerordnung (Nr. 1259/2010) auf Ehescheidungen mit Auslandsbezug angewendet. Nach der Rom III-VO unterliegt dann die Ehescheidung grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem die Eheleute ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt hatten und nicht mehr dem Recht der Staatsangehörigkeit, wie nach der bisher geltender Rechtslage. Leben die Ehegatten in einem der Mitgliedstaaten und beantragen sie dort die Ehescheidung, ist ab dem 21.06.2012 das Recht dieses Staates anzuwenden und nicht mehr das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die Eheleute besitzen. Den Eheleuten steht es jedoch frei, eine Rechtswahl hinsichtlich des anzuwenden Rechts zu treffen, die dann in allen Mitgliedstaaten Gültigkeit hat. 2. Für Unterhaltsachen ist seit dem 18.06.2011 die Unterhaltsverordnung (Nr. 4/2009) anzuwenden, die ebenfalls an die gewöhnlichen Aufenthaltsorte anknüpft.
3. Für das Güterrecht ist ebenfalls eine Verordnung geplant. Auch hier soll das bisher bestehende Problem einer möglichen Rechtsspaltung gelöst werden.
Der Antragsteller begehrte in einem von uns geführen Verfahren die Scheidung, da seine Ehefrau seit Jahren im Koma lag. Das Gericht hatte die Einschlägigkeit des Art. 165 t ZGB zu prüfen. Diese Vorschrift ist einschlägig, wenn Geisteskrankheit vorliegt und die Chancen auf Heilung nicht gegeben sind. Nach türkischem Scheidungsrecht wäre die Scheidung hiernach möglich. Es wurden neurologisch-psychatrische Gutachten eingeholt, die die Geisteskrankheit idS. im vorliegenden Fall bestätigten. Dem Antrag wurde stattgegeben, da die Antragsgegnerin sich seit 2006 in einem schlafähnlichen Zustand befand, nicht ansprechbar war.
Eine Besserung war die kommenden Jahre auch nicht zu erwarten, die Ehe wurde geschieden.